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© brouwer edition 2023

Keine Angst vor Rot, Gelb, Blau

 

Zu den Aquarellen Marita Damkrögers

 

So kann es gehen. Und vermutlich, mag man sich angesichts der Anekdote denken, die am Anfang dieser zunächst so ­verblüffenden Wendung steht und ihr aktuelles Schaffen begründete, vermutlich wusste Marita Damkröger erst einmal selbst nicht recht, wie, vor allem aber was ihr da geschieht.

 

Und wie wohl die Galeristin Ursula König überhaupt auf die nicht eben nahe liegende Idee gekommen war, dass sie zu ­dieser Ausstellung etwas Wesentliches beizutragen habe. Denn im Gegensatz zu den seinerzeit zu „Watercolours“ ­eingeladenen Künstlern – Joe Barnes etwa und Rupert Eder, Jon Groom oder auch Raimer Jochims – spielte das Aquarell in ihrem Werk bis dato keine Rolle. Freilich, die damals noch vergleichsweise wenig bekannte Damkröger war dann mit ihren ersten Papier­arbeiten überhaupt die Entdeckung dieser mitreißenden, seinerzeit zum 10. Geburtstag der Galerie eingerichteten Schau.

 

Nicht dass Damkrögers Blätter im Kreis dieser illustren ­farb­malerischen Positionen fremdelten, im Gegenteil. Vielmehr war die Farbe, waren Linie, Fläche, Raum auch in den Gemälden ­immer schon ihr Thema. Hier aber, in den ­ungeheuer dynamischen, ­einander wie Bildschirmfenster überlappenden und den Betrachter in die Tiefe des Raums ­geleitenden Bildern, stand bei aller Konzentration auf Reihung, Rhythmus, ­Wiederholung doch jede Farbe, jede Fläche auch für sich.

 

Und dann das. Sicher, auch in den Papierarbeiten steht die – stets farbige – Linie am Anfang der Komposition. Und doch kündete, was mit einer Handvoll, scheinbar nichts als zwei, drei oder auch ein halbes Dutzend horizontale Pinselzüge vorstellenden Blättern seinen Anfang nahm, unübersehbar von einem radikalen malerischen Neubeginn.

 

Auch hier handelt es sich um konzeptuelle Malerei. Um eine Kunst mithin, die malend ihre Bedingungen und ihre eigenen Mittel reflektiert. Allein, die Aquarelle folgen dann doch einem entschieden strengeren, dem Prinzip der Reduktion ­verpflichteten Konzept. Und knüpfen damit zunächst an die ­Malerei etwa von Morris Louis an. An Positionen auch wie die frühen Papier­arbeiten Charlotte Posenenskes, die ­äußerst ­subtile Farbmalerei eines Gerhard Wittner auch oder die ­Aquarelle von Heinz Kreutz aus den späten sechziger und ­frühen siebziger Jahren, als sich der als einer der ­maßgeblichen Protagonisten des deutschen Informel bekannte ­„Quadriga“-Künstler vorübergehend ­konstruktiven Farbstudien widmete.

 

Tatsächlich findet auch die Malerei Marita Damkrögers Halt auf dem soliden Fundament der konstruktiv-konkreten Kunst. Mit freilich unübersehbar im Minimalismus wurzelnden malerischen Manifestationen.

 

„Ich male mit dem Rücken zur Welt“, hat Agnes Martin einmal gesagt. Und wiewohl Damkrögers aus nichts als vertikalen und horizontalen Pinselzügen gewebte Aquarelle auf einer ­anderen, einem sehr eigenen Rhythmus gehorchenden Metrik basieren, mag man in diesen Farbbahnen ein ähnliches ­Temperament und eine vergleichbare künstlerische Haltung ­gespiegelt finden. Denn „mit dem Rücken zur Welt“ sind auch die Bilder ­Damkrögers gemalt. Ist doch jedes dieser Blätter Resultat eines monatelangen, auf das eigene Tun konzentrierten Prozesses, der klare Entscheidungen ebenso verlangt wie einen langen Atem. Dabei ist das Konzept im Grunde denkbar schlicht. Stets sind es die Grundfarben, derer sie sich Schicht um Schicht bedient und die sie mit einer konzentrierten Geste mit breitem Pinsel aufs Papier setzt, trocknen lässt und neu beginnt und dann wieder von vorn.

 

Das ist dann auch schon beinahe alles. Und sagt doch nichts über die Poesie, die aus Damkrögers zarten Aquarellen spricht. Nichts über das Licht auch, das in diesem schillernden ­Farb­spektrum weniger gefangen als buchstäblich aufgehoben scheint, und nichts über den hier fraglos wesentlichen Faktor Zeit, der dem geduldig auszuhaltenden Prozess zugrunde liegt und Schicht um Schicht durchglüht auf eine Weise, wie man sie mit dieser Technik eher weniger verbindet.

„Who’s Afraid of Red, Yellow and Blue“ fragte Barnett Newman Ende der sechziger Jahre. Nun, Marita Damkröger, möchte man angesichts ihres aktuellen, die klassische Aquarelltechnik ganz neu interpretierenden Schaffens gern entgegnen, Marita ­Damkröger ganz offensichtlich nicht. Zwanzig, dreißig hauchzarte Lagen trägt die Künstlerin geduldig in jeder der drei Farben auf.

 

Ein blasses, lilienfarbenes Gelb vielleicht, dann ein Butter-, ­Sonnen- oder Dottergelb, gefolgt von zahllosen Lasuren in ­Meeres-, Wasser- oder Himmelblau, dann einem Blut- und endlich einem Ziegel-, Kirsch- oder Tomatenrot; und jeder ­einzelne dieser in ­einer einzigen Bewegung ausgeführten ­Pinselzüge birgt das ­Risiko des Scheiterns. Verzeiht doch die Technik keinen Fehler und erlaubt auch keine Korrekturen.

 

Wo es gelingt aber, taucht man ein in eine Welt aus Farbe. Ein Universum, das an den Rändern schon mal Pfützen bildet, mal in irisierenden Aureolen ausblüht, während das hier ­unbesetzte, dort mit jeder Schicht weiter verdichtete Zentrum in die mal karamellfarbenen, mal moosgrünen und dann wieder auber­ginefarbenen Tiefen des Bildraums lockt.

 

Unbekanntes, verlockendes Terrain mithin, hier wie dort, mal ­erdig und mal leuchtend braun und doch gebaut aus allen ­Farben dieser Welt. Aus Gelb und Rot und Blau, aus reichlich Wasser und ein wenig Farbe also auf Papier. Sonst nichts. Und doch darf man eine jede dieser Schichten getrost als eine ­weitere Zeile im lyrischen Gewebe dieser Bilder lesen. Vers um Vers und Blatt um Blatt.

 

Christoph Schütte

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